Dienstag, 5. April 2011

Ein ganz normaler Angler?

Ich habe heut den Text für ein Karpfenmagazin verfasst, doch hat Selbiger nur eine geringe Chance, veröffentlicht zu werden. Grund sind meine mehr als mangelhaften Fotos. Allerdings spiegeln diese nur das wieder, was ich eigentlich bin. Ein stinknormaler Rutenauswerfer, der sich keinen Kopf darüber macht, wie irgendwelche Fotos für andere aussehen.
Srry für den langen Text, war wie gesagt für ein Mag gedacht und wurde noch nicht Korrektur gelesen



Die Vorbereitung

Ich flitze in den Keller und wieder hoch in die Wohnung. Habe ich alles? PVA habe ich nicht gesehen, also nochmal runter zur Ausrüstung und wieder ins Arbeitszimmer an den Computer um meine Einkaufsliste zu vervollständigen. War der Boiliebohrer nicht defekt? Schnell nochmal die Stufen herab.
So geht es über Tage hinweg, denn meine erste Session für dieses Jahr steht an.
Ich bin sehr aufgeregt, es soll rausgehen an mein Lieblingsgewässer, welches ich FAST 365Tage nicht gesehen habe. Beruflich war ich derart eingespannt, dass mir keine Möglichkeit blieb, mal für einen angemessenen Zeitraum an den See zu fahren..........


Stars in der Manege

In der Bahn habe ich die Möglichkeit, wenigstens in Zeitschriften und Internet zu lesen, selbst wenn ich nicht persönlich am Wasser sitzen kann. Dazu hatte ich nunmehr ein ganzes Jahr Zeit. Es sind Berichte von bekannten und erfolgreichen Anglern, schöne Fotos, noch schönere Fische, gutes Tackle, was mich manchmal neidisch blicken lässt.
Sie kommen mir teils ein wenig unnahbar vor. Es sind irgendwie Stars, in der Szene in aller Munde. Sie machen irgendwie alles besser.
Ich dagegen bin mehr als unbekannt. Und solch Unbekannter wagt sich hier zu schreiben?
Ja! Ich denke, dass ein Karpfenangler mit wenig Zeit, und; meiner Ansicht nach dem Blick für das Wesentliche (Natur genießen und fischen); genauso zu der Community “Karpfenangler” gehört, wie die Jungs, die vielleicht sogar die Möglichkeit hatten ihr Hobby zum Beruf zu machen oder sich glücklich schätzen dürfen, einen Job zu haben, welcher ein wenig Freizeit zulässt.
Aber was unterscheidet mich von den “Stars”? Waren sie mal wie ich?
Für mich ist das Fischen Erholung, Abenteuer und Verbindung mit der Natur. Mein Tackle halte ich so klein wie möglich, so groß wie nötig. Vor garnicht allzulanger Zeit besaß ich nichtmal ein Zelt. Bei Minusgraden lediglich mit Schlafsack, Isomatte und sehr günstiger Ausrüstung bewappnet, saß ich mehrere Tage auf Karpfen an. Lediglich eine Tasche habe ich zum Angelplatz getragen. Das kann ich mir heut garnicht mehr vorstellen. Aber eines sei gesagt.... dies sind Tage und Erlebnisse, die ich nie vergessen werde. Selbst Sessions ohne einen Biss.

Mich hat die Bequemlichkeit eingeholt. Nun besitze ich Zelt und Karpfenliege.
Eines ist aber Grundsatz geblieben: Ich habe Ansprüche, meine Ausrüstung muss diesen gerecht werden. Allerdings sollte dieser Anspruch den eigentlichen Bedarf nicht übertreffen. Ein Beispiel von vielen ist die Anschaffung meiner Bissanzeiger. Ehe ich die Jetzigen kaufte, las ich verschiedene Meinungen und Testberichte. Besondere Aufmerksamkeit schenkte ich letztendlich Piepern, die 150 Euro im Set kosten. Wichtige Punkte für mich waren Wasserfestigkeit, günstig, Funk und sie sollten mich natürlich aus dem Schlaf wecken, wenn es nötig ist. Ich verglich mit Anzeigern, welche die 300 Euro-Marke überschritten. DEN Vorteil das doppelte an Geld auszugeben, konnte ich für mich nicht erkennen. Wobei ich Pieper der höheren Preisklasse absolut nicht in Frage stellen möchte. Jedoch sah ich für mich persönlich keinen triftigen Grund, unter o.a. Berücksichtigung von Bedarf, Anspruch und resultierende Verhältnismäßigkeit, mehr Geld zu investieren.
Gerade für die Leser, die vielleicht noch Schüler, Auszubildene oder Studenten sind. Es muss nicht immer das Teuerste sein. Der Satz “Wer billig kauft, kauft 2 mal”, sollte langsam in Vergessenheit geraten. Natürlich gibt es Ausnahmen.
Basis sollte immer sein: Benötige ich das? Wenn ja, welches von den Modellen erfüllt den Zweck?
Sind meine Ansichten DIE Unterschiede zu den Jungs in den Magazinen?


Die Session

…......Es ist Sonntag morgen, ich setze mich erstmal in meinen 5 Jahre alten Klappstuhl und rauche genüsslich eine Zigarette. Nach dem Winter, paar Mahlzeiten zu viel und wenig Bewegung, benötige ich eine kleine Atempause vom Tackleschleppen. Es ist kalt, der Reif ist auf den Ruten erkennbar. Ein Freund ist seit gestern Abend hier und steigt fröstelnd aus seinem Bivvy.
Wir kennen das Gewässer und wissen, dass es hier nicht einfach wird. Gerade jetzt bei den Temperaturen wurde noch nie etwas Großes gelandet.
Vor 2 Jahren, habe ich einen Spiegler gefangen, welcher mir im Verlaufe der Zeit immer wieder in irgendeiner Art und Weise auffiel. Er verfolgt mich regelrecht.
Ich legte ehemals keinen Wert auf das Gewicht der Fische, daher nutzte ich keine Waage. Dieser Karpfen war der Größte von mir jemals gefangene. 2 Wochen nachdem ich ihn in den Händen hatte, hielt mir ein Angler bei einem Gespräch ein Handy mit genau dem Fisch vor die Nase. “Schau mal, den habe ich vorhin gefangen, bissl über 30 Pfund”. Ein Fotovergleich bewies, dass es sich tatsächlich um den gleichen Fisch handelt. Wir habern ihn “Falte” getauft, weil er diese auch in sehr außergewöhnlichem Maße hat. Voriges Jahr wurde er wieder gefangen, da hatte er 32,5 Pfund. Da wir davon ausgehen, dass es der größte Spiegler in diesem Gewässer ist (es gibt keinerlei Fangberichte über schwerere Karpfen im See), möchte ich ihn dies Jahr wieder überlisten.
Doch kam alles anders, unerwartet, VIEL besser...............







Die Wunderkugel

Ich hatte schon erwähnt, dass ich versuche, den Aspekt “Preis/Leistung” im Auge zubehalten. Wie bei meinem Tackle, verhält es sich auch bei dem Köder. Die Recherchen in den einschlägigen Foren ergaben zum Teil Unübersichtlichkeit und andererseits werden “Wunderboilies” versprochen. Aus der Masse an Input das Richtige und Wichtige für sich herrauszufiltern, grenzt an einer Lebensaufgabe. Ich bin schlussendlich der Meinung, dass die großen Hersteller sich heutzutage nicht mehr leisten können, schlechte Kugeln auf den Markt zu werfen. Ich sehe hierbei mal von einigen Angeboten ab, die auf Kundenfang abzielen und mit sehr günstigen Zutaten abgerollt wurden. Was am jeweiligen Gewässer läuft, ist keine Frage von eigenem Geschmack oder abhängig vom Preis. Dem Fisch ist es egal, was auf der Verpackung des Köders steht. Hier muss zwingend probiert werden und das, wenn möglich, auf längere Zeit. Für mich habe ich einen Boilie gefunden, welchen ich nunmehr seit 2 Jahren fische.
Er fängt, auch wenn ein anderes Produkt mal versagt. Mein Angelpartner Marcel legt es seit geraumer Zeit darauf an zu zeigen, dass andere Murmeln besser sind. Der lächelnde Sieger war bislang zu 90% der Mann, der hier schreibt. Wechseln würde ich nur, wenn die Fänge mal ausbleiben sollten.

…......und größer

Da ich schon eine Weile nicht hier war, darf das Echolot von Marcel seinen Dienst verrichten. Die alten Spots finden wir wieder, die Montagen fahre ich raus und füttere sehr wenig an. Das Gewässer gilt als schwierig. Größere Fische sind nur selten an den Haken zu bekommen. Doch das stört nicht sonderlich. Ich genieße die Freiheit, den Hauch von Abenteuer und sollte ich den Zielfisch auch noch landen können, wäre es das Tüpfelchen auf dem “i”.
In der ersten Nacht fangen wir gleich 2 Karpfen bis 15 Pfund. Ich war erstaunt, dass es so schnell geht. Montag abend geht allerdings in die Geschichte des See´s ein.
Ich füttere für jemanden mit meinem Schlauchboot an und bin noch 30 Meter vom eigenen Steg entfernt. Marcel nimmt auf einen Schlag meine wirklich weiche 2,75lbs Rute hoch und gibt sich Mühe, so viel der 30er MonoSchnur wie möglich auf der Rolle zu behalten. In rasantem Tempo wird die Spule trotz “Fingerbremse” leerer. Nach ein paar Ruderschlägen bin ich am Steg, Marcel gibt mir meine Rute, er springt im Hechtsprung ins Boot und ich bin schon im Drill meines Lebens. Sofort ist uns klar, das an meinem Fishboilie kein Karpfen hängt.

Wir werden über den ganzen See hin und hergezogen, mein Bootsmann schafft es immer wieder, das Schlauchboot zwischen Hindernissen und dem Wesen im Wasser zu bringen. Die Rute ist 98% der Zeit gebogen wie ein Halbkreis, ich kämpfe um jeden Zentimeter. Die Sehne hört sich teils an, wie eine Gitarrensaite kurz vor dem Überspannen. Gebremst wird ausschließlich mit Fingern an der Spule. Einige Momente sahen Marcel und ich uns an und sagten, es wäre schön, wenn wir den Fisch noch zu Gesicht bekämen. Wenigstens einmal an der Oberfläche. Wir glaubten beide nicht daran, dass das Glück uns weiter so hold sein wird. Aufreiben des Vorfachs durch die Zähne, bis Schnurbruch am Knoten oder Verfangen in Hindernissen sind die Gefahren, die uns besorgt schauen lassen. Doch alles hielt wenigstens so, dass ich den Fisch drillen kann. Das Material war nun schon angeschlagen, der Panzer hat Löcher
Das Ende vom Lied ist ein Waller von 197cm, 97,5 Pfund, den wir nach Stunden erfolgreich haben landen können. Meine kleine filigrane Rolle ist dabei leider in die ewigen Jagdgründe aufgestiegen, die Spule eiert jetzt ganz massiv, Marcels Zeltboden ist nun ein wenig schleimig, meine Finger haben feine Kratzer vom Wallergriff ohne Handschuhen und ich hatte noch 3 Tage ganz bösen Muskelkater.
Anmerkung vom Autor: Liebe Kinder, macht das bitte nicht zu Hause in der Badewanne nach!
Steckt nichts von dem hier Aufgezeigten in den Mund oder andere Körperöffnungen! Wir sind Stuntmans und haben das jahrelang trainiert!
Wer schonmal einen Waller der Größe an der Rute hatte, weiß wovon ich spreche, gerade wenn es sich um derart leichte Ausrüstung handelt, die ich vorliegen habe.
Die Freude über den “Beifang” wurde noch erhöht, als uns der Vorstand des hiesigen Gewässers sagte, dass der größte je gesehene Wels in dem See 160cm lang war. Solch Worte kenne ich doch schon, als es ehemals um meinen 30Pfünder ging.
In den folgenden Tagen konnten wir noch einige schöne Karpfen überlisten, der Größte hatte 18 Pfund.





immer noch oder jetzt erst recht.....

…....bin ich ein ganz normaler Angler.
Ohne überteuertes Tackle, wenig Zeit, manchmal ein wenig Glück und absolut viel Spaß beim Nächtigen im Freien. Das Fischen an sich wird manchmal sogar zur Nebensache, wenn man abends mit einer Flasche Bier am Grill sitzt und sich über schöne Frauen, die letzte Party oder den Seemannsgarn alter Zeiten unterhält. Jeder kennt das Gefühl, wenn in einer warmen Sommernacht der Regen auf das Bivvydach klopft und einem regelrecht die Augen schließt und man einschläft. Ja, das kenne ich und werde so etwas nie vergessen.
Ich war als Kind mit meinem Vater sehr oft angeln. Zum Zeitpunkt, als ich meine Lehre absolvierte, fand ich immer weniger Spielraum, um meiner Leidenschaft nachzugehen.
Als ich vor ca 3 Jahren zum Karpfenfischen übergegangen bin war ich der Hoffnung, nicht irgendwann den ganzen vom Tacklewahn getriebenen Schönwetteranglern zugehörig zu sein. Zelt hier, Heizung dort und eine “Raketenabschußrampe”, um die Ruten abzulegen. Dies war von mir zu wenig Aufbringung von Verständnis, dazu Ahnungslosigkeit. Ich weiß nicht, wann die Hoffnung aufgehört hat in meinem Kopf einen Platz einzunehmen. Es kam ganz schleichend, völlig unbemerkt. Denn ich befinde mich mitten drin.




Ich wünsche allen Lesern viele schöne und erfolgreiche Stunden am Wasser.

Gruß, ein ganz normaler Angler

Max Robacki